In einem neuen Artikel von EIT Manufacturing wurden umfassende Interviews mit den GründerInnen von Holloid, einem Startup, das sich auf Deep Tech spezialisiert, abgehalten. In den Gesprächen wurde auf die notwendige Teamdynamik sowie – mentalität und das neuartige Geschäftsmodell eingegangen. Des Weiteren wurden aktuelle Erfolge, wie die erfolgreiche Teilnahme an dem wettbewerbsstarken EIC Accelerator Programm und dem erhaltenen Funding thematisiert.
Die deutsche Version des Artikels:
Wenn die meisten Menschen an Mikroskope denken, stellen sie sich häufig verstaubte Labore in der Schule oder sterile Universitätslabore vor. Doch Holloid, ein Deep-Tech Startup aus Wien, hat es sich zur Aufgabe gemacht, die holografische Mikroskopie zu einer Zukunftstechnologie von Lebensmitteln, Pharmazie und sogar Wassersicherheit zu machen.
Holloid hat kürzlich einen der wettbewerbsstärksten und renommiertesten Innovationszuschüsse Europas gewonnen: den EIC Accelerator. Von Tausenden von Bewerbungen aus ganz Europa schaffte es nur eine kleine Auswahl durch den intensiven Auswahlprozess. Holloid ist eines von nur zwei österreichischen Startups, das die strengen Kriterien erfolgreich erreicht hat und sich somit in die Spitzengruppe europäischer Startups einreiht.
„Es ist im Grunde wie bei Shark Tank – nur deutlich detaillierter und professioneller“, sagt Marcus Lebesmühlbacher, Mitgründer und CEO von Holloid, und erinnert sich an den Pitch Prozess des prestigeträchtigen EIC Accelerator. Holloid ging nicht nur mit der Förderung, sondern auch mit einer weiteren wichtigen Anerkennung nach Hause. Die Einschätzung ergab, dass Ihr KI-gestütztes, echtzeitfähiges System zur Bioprozessüberwachung ganze Wertschöpfungsketten transformieren könnte.
Eine Lösung auf der Suche nach einem Problem
Gegründet im Jahr 2022 als Spin-off der Wiener Universität für Bodenkultur (BOKU), entstand Holloid um eine Technologie – nicht rund um ein konkretes bestehendes Problem. „Wir waren ganz klar eine Lösung auf der Suche nach einem Problem“, gibt Marcus zu. „Viele Inkubatoren sagen dir, dass das der falsche Weg ist. Aber wir waren überzeugt von unserem wissenschaftlichen Durchbruch.“
Dieser Durchbruch kam dank der Mitgründer Peter van Oostrum und Erik Reimhult, die mehrere fundamentale Fortschritte im Bereich der 3D-holografischen Mikroskopie erzielt hatten. Ihre Innovationen: besserer Kontrast, höhere Durchsatzrate und eine kompakte Bauweise – erschlossen das kommerzielle Potenzial der Technologie.
„Wir haben ein einzigartig leistungsstarkes, detailgetreues Mikroskop erfunden und es kleiner, robuster, 3D-fähig und mobil gemacht. Wir haben es außerdem aus dem Labor geholt und es in realen Produktionsumgebungen einsatzfähig gemacht. Darauf bin ich wirklich stolz.“
— Pinar Frank, Mitgründerin und Chief Product Officer von Holloid
Die Black Box der Fermentation entschlüsseln
Das Projekt, mit dem sie sich den EIC Grant sichern konnten – die ROLF (Revolutionary Online Fermentation Monitoring) Plattform – adressiert ein gravierendes Problem in der Lebensmittel- und Pharmaindustrie: Die meisten Bioreaktoren sind eine Black Box. Sprich man kann Mikroorganismen Nährstoffe zuführen, sie erhitzen und umrühren, aber man sieht nicht in Echtzeit, was wirklich in ihnen vorgeht.
Holloids Lösung kombiniert „In-line“ Holografie mit maschinellem Lernen (ML), um Mikroorganismen nicht nur zu erkennen, sondern auch ihren phänotypischen Zustand zu klassifizieren. Das bedeutet, dass Hersteller von präzisionsfermentierten Proteinen, Mikroalgen oder pharmazeutischen Wirkstoffen ihre Prozesse wie nie zuvor optimieren können.
Das Potenzial ist enorm: 50 bis 100 Mal effizientere Landnutzung, 1,000 bis 100,000fach höhere Proteinausbeute sowie deutlich geringere Kosten und Emissionen im Vergleich zu herkömmlichen Methoden.
EIT Manufacturing als wichtiger strategischer Partner
Obwohl Holloids Technologie akademische Wurzeln hat, brauchte es das richtige Umfeld, um es auf den Markt zu bringen, hier kam EIT Manufacturing ins Spiel.
„Wir wurden ein paar großen Unternehmen vorgestellt, zum Beispiel Siemens“, erzählt Marcus. „Wir bekamen auch nützliches Mentoring, Sichtbarkeit und tolle Pitch Gelegenheiten – etwa beim BoostUp! East-Event, bei dem wir schlussendlich zwei Preise gewonnen haben.“
Aufbau des Dreamteams
Mit der frisch erlangten EIC Finanzierung plant Holloid, sowohl Forschung- und Entwicklung (F&E) als auch das Unternehmenswachstum zu unterstützen. Das Startup bereitet sich auch auf den Umzug in ein neues Büro- und Laborgelände vor und will bis Jahresende auf 25 Mitarbeitende skalieren.
„Wir suchen brillante, praxisorientierte Menschen“, sagt Marcus. „Programmierer, ExpertInnen für maschinelles Lernen, Firmware Ingenieure, Physiker, Mikrobiologen – alles ist gefragt. Vor allem Personen, die neugierig sind und Herausforderungen lieben.“
Auch Pinar stimmt zu: „Wir brauchen Leute, die sagen: ‚Ich habe das zwar noch nie gemacht, aber ich finde es heraus.‘ Genau diese Mentalität lieben wir im Startup.“
Und die Liebe ist beidseitig. „Wir bekommen großartige Initiativbewerbungen von sehr klugen KandidatInnen“, sagt sie. Was das Team von Holloid besonders macht, ist die Unternehmenskultur: „Alle sind motiviert, haben eine starke Arbeitsmoral und bringen etwas Einzigartiges mit“, sagt Pinar stolz. „Jedes Mal, wenn ich unser Gerät direkt an einer Produktionslinie messen sehe, denke ich: Wow, wir haben das wirklich möglich gemacht.“
Eine Technologie für den Alltag
Holloid hat große Ziele.
„In zehn Jahren wirst du mehrmals täglich vom Nutzen unserer Technologie profitieren – ohne es zu bemerken. Wenn du Leitungswasser trinkst – haben wir es überwacht. Wenn du pflanzliche Proteine isst – unsere Technologie war daran beteiligt. Selbst Zahnpasta oder Medikamente? Mit Holloid qualitätsgeprüft.“
— Marcus Lebesmühlbacher, Mitgründer & CEO von Holloid
Langfristig steht auch der Gesundheitsbereich auf der Roadmap. „Stell dir vor, eine Blutuntersuchung wird mit unserer Plattform analysiert. Das Ziel ist es, eine nicht-invasive, echtzeitfähige Analyse von Mikroorganismen in die klinische Diagnostik zu bringen – für frühere und präzisere medizinische Erkenntnisse. Das ist noch Zukunftsmusik, aber längerfristig absolut realistisch.“
In Zusammenarbeit mit EIT Food hat Holloid kürzlich auch Anwendungsfälle im Bereich Wasserüberwachung untersucht, zum Beispiel das Erkennen von toxischen Mikroalgen in Seen. „Wenn wir damit helfen können, dass Menschen lernen, wann es sicher ist zu schwimmen oder Wasser zu trinken, ist das ein großer Gewinn für die öffentliche Gesundheit“, sagt Marcus.
Impact-orientierter Aufbau
Wie viele andere Startups bewegt sich auch Holloid schnell – jedoch nicht ohne Herausforderungen. „Wir sind ein kleines Team, das sowohl Hard- als auch Software entwickelt“, sagt Pinar. „Das bedeutet ständige Priorisierung. Die größte Herausforderung ist, fokussiert zu bleiben. Es gäbe hundert Anwendungsmöglichkeiten.“
Marcus ergänzt: „Es gibt eine Menge administrativer und operativer Aufgaben, die uns Zeit rauben, die wir lieber in technologische Entwicklungen investieren würden. Aber das gehört eben zum Wachstum dazu.“
Trotz dieser Hürden sind sich die Gründer einig, worauf sie am meisten stolz sind. „Das Team“, sagt Pinar ohne zu zögern. „Alle sind brillant, motiviert und brennen für unsere Mission. Das ist selten.“
Marcus stimmt zu, fügt aber noch eine tiefere Ebene hinzu: „Wir bauen nicht einfach nur ein Produkt. Wir schaffen etwas, das es sonst gar nicht geben würde. Wir haben ein wissenschaftliches Juwel aus der Schublade gezaubert und es Realität werden lassen.“
Und auch der Markt sieht das so: „Neben Bewerbungen bekommen wir auch viele Anfragen von PartnerInnen und KundInnen“, sagt Marcus. „Das zeigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind.“
Interview und Artikel von Simona Todorova, MSc. (WU); EIT Manufacturing East
Der originaler Artikel (in englischer Sprache) kann hier abgerufen werden: Link
Photo credit: Holloid, EIT Manufacturing
Pressekontakt:
Lukas Schwab, MSc. (WU)
EIT Manufacturing East